Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld kritisiert den Holocaust-Vergleich von Erzbischof Gerhard L. Müller in der Zeitung DIE WELT scharf, Kritik an der katholischen Kirche käme einer „Pogromstimmung“ gegen die Kirche gleich.

Dazu erklärt Jörg Litwinschuh, Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld: „Wir fordern die Deutsche Bischofskonferenz auf, sich klar und deutlich von den Äußerungen von Herrn Müller zu distanzieren. Berechtigte Kritik an der katholischen Kirche – z.B. bei ihrer schleppenden Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs oder bei ihrem diskriminierenden Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und LSBTI-Familien – mit einer Pogromstimmung zu vergleichen, ist unerträglich und kann als ein Versuch der Verfälschung von Zeitgeschichte betrachtet werden.“

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld erforscht die Verfolgung und Repression von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen und Intersexuellen (LSBTI) und fördert Bildungsmaßnahmen zum Abbau von Diskriminierung in Schule, Arbeitswelt und Gesellschaft. Anlässlich des 80. Jahrestages der Machtergreifung des Hitler-Regimes veranstaltete die Stiftung am vergangenen Freitag eine erste, gemeinsame Tagung mit dem Institut für Zeitgeschichte München (IfZ): Mehr als zwanzig namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die LSBTI-Verfolgungen und Repressionen z.B. in Deutschland und Österreich von 1933-1945 und von 1949 bis 1969 aufarbeiten, waren der Einladung in die Berlin-Abteilung des IFZ gefolgt. In den Vorträgen und Diskussionen zeigte sich auch, dass die unrühmliche Rolle z.B. der katholischen Kirche im „Dritten Reich“ und in der frühen Bundesrepublik einer dringenden weiteren Erforschung bedarf. So zeigte z.B. die New Yorker Historikerin Prof. Dr. Dagmar Herzog im ersten Band der neuen Schriftenreihe „Hirschfeld-Lectures“ der Bundesstiftung auf, wie groß der Einfluss der katholischen Kirche von 1933 bis in die 1950er Jahre auf die homophobe Diskriminierungspolitik der jeweiligen Regierungen war.

Der Namensgeber der Stiftung – Magnus Hirschfeld – war Jude, Sozialist und schwul (siehe Film der Stiftung über Magnus Hirschfeld). Sein weltberühmtes Berliner Institut für Sexualwissenschaft war die erste Einrichtung, die die Nazis am 6. Mai 1933 zerschlugen. Teile der einzigartigen Bibliothek wurden am 10. Mai 1933 auf dem Bebelplatz verbrannt, die liberale Sexualwissenschaft ausgelöscht. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld begeht am Sonntagnachmittag, 5. Mai 2013, mit zahlreichen Kooperationspartnern eine Gedenkveranstaltung in Berlin anlässlich des 80. Jahrestages der Plünderung des Instituts.

Am 4. Juli 2013 (um 18 Uhr) veranstaltet die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld im Rahmen des Cologne Pride eine Lecture in Köln zum Thema „Homosexualität und Religion“. Es diskutieren: Rabbiner Prof. Dr. Walter Homolka (Rektor des Abraham Geiger Kollegs, Potsdam), Prof. Dr. Thomas Bauer (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Leiter des Instituts für Arabistik und Islamwissenschaft), Dr. Bertold Höcker (Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte) und Jesuitenpater Klaus Mertes (Direktor des Kollegs St. Blasien) – Moderation Jan Feddersen (taz. die tageszeitung).

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