Inhalt BMH-Newsletter 4/2020:
Aktuelles aus unserer Arbeit
Unsere Neuerscheinungen
Neues aus der Bundesgeschäftsstelle
Empfehlungen
Berlin, 14. Dezember

 


Jörg Litwinschuh-Barthel
Foto: Sabine Hauf

Liebe Leser_innen,

Im kommenden Jahr wird unsere Stiftung voraussichtlich über 700.000 Euro an institutioneller Förderung durch den Bund erhalten: Unser „Archiv der anderen Erinnerungen“ wird darin mit einer zweckgebundenen Summe von 100.000 Euro direkt bedacht. Wir danken allen Bundestagsabgeordneten und dem Haushaltsgesetzgeber für die Unterstützung unserer Arbeit.

Das wissenschaftliche Referat Gesellschaft, Teilhabe und Antidiskriminierung hat Ende Oktober die 15. Hirschfeld Lecture unter dem Titel „Reproduktionstechnologien. Queere Perspektiven und reproduktive Gerechtigkeit“ mit über 100 Zuhörenden online veranstaltet. Ebenso freuen wir uns über die Veröffentlichung unserer neuen Broschüre „The L-Word in Business“: Diese fasst die Ergebnisse der Studie über die mehrfache Diskriminierung lesbischer Frauen in der Arbeitswelt der UAS Frankfurt anschaulich zusammen. Anschließend an unseren öffentlichen Appell zu „COVID 19 und die Auswirkungen auf die LSBTI*-Community“ vom 3. September 2020 untersuchen wir derzeit mit zwei Partner_innen diese Auswirkungen. Die Ergebnisse veröffentlichen wir Anfang 2021 in Form einer Broschüre, die dankenswerterweise vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird.

Unser wissenschaftliches Referat Kultur, Geschichte und Erinnerung informiert Sie über die Onlinepräsentation der Studie zu den rechtlichen Folgen einer Scheidung für Mütter in lesbischen Beziehungen und ihre Kinder: Diese Hybrid-Veranstaltung findet am 14. Januar 2021 ab 13 Uhr statt. Außerdem berichten wir über unsere Beteiligung an der Verbändeanhörung zum Referentenentwurf zur geplanten gesetzlichen Rehabilitierung und Entschädigung ehemaliger homosexueller Angehöriger der Bundeswehr und der Volksarmee. Im November ist zudem unsere Publikation „Liebe und Gerechtigkeit. Zum 150. Geburtstag von Magnus Hirschfeld“ erschienen.

Das Referat Medienarbeit und Veranstaltungsmanagement stellt derzeit den Tätigkeitsbericht 2019 fertig. Darin bereiten wir Ihnen die Themen und Veranstaltungen des vergangenen Jahres anschaulich auf – mit beeindruckenden Bildern und kurzen, informativen Texten etwa zur Veranstaltung zum 100. Jubiläum der Gründung des Instituts für Sexualwissenschaft am 5. Juli 2019. Ebenso liefern wir Ihnen in dieser Publikation eine kompakte Dokumentation unserer Wissenschaftlichen Bestandsaufnahme zu Konversionsbehandlungen. Ab Anfang Januar steht der Bericht für sie zum Download auf unserer Website bereit.

In diesem Newsletter möchten wir Ihnen außerdem ein Projekt vorstellen, dass wir 2020 im Rahmen unserer externen Projektförderung unterstützt haben: Das Buch „Queer Pain“ von Dr. Katrin Köppert.

Am 3. Oktober wurde ein schwules Paar aus NRW in Dresden brutal von einem vermutlich islamistischen Gefährder mit einem Messer attackiert. Einer von Ihnen – Thomas L. aus Krefeld – verstarb an den Folgen des Attentats. Diese entsetzliche Tat wirft viele Fragen auf, die wir nicht nur an die ermittelnden Sicherheitsbehörden stellen: Warum wurde so lange verschwiegen, dass es sich um ein homosexuelles Paar handelt? Warum verurteilten Verbände den Mordanschlag nicht bzw. auffallend spät, als wenn sie erst die Reaktion von anderen abgewartet hätten? Wir brauchen wissenschaftliche Erkenntnisse über LSBTIQ*-gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Hasskriminalität in Deutschland. Dazu habe ich Gespräche mit der Bundesregierung und Wissenschaftler_innen aufgenommen.

Am Ende dieses herausfordernden Jahres wünsche ich Ihnen im Namen des gesamten Stiftungsteams viel Kraft und einen optimistischen Blick auf die Zukunft.

Ihr

Jörg Litwinschuh-Barthel
Geschäftsführender Vorstand

Aktuelles aus unserer Arbeit

Online-Symposium zu Gewalt gegen LSBTIQ* auf der Flucht

Gemeinsam mit dem Queer European Asylum Netzwerk organisierte die BMH am 13. November 2020 das Online-Symposium zum Thema „Anerkennung und Prävention von Gewalt gegen LSBTIQ*-Personen auf der Flucht“.


Ausschnitt aus einem der Panels. Beide stehen zum Ansehen auf der Webseite des Netzwerks zur Verfügung

Das Symposium konzentrierte sich in zwei Panels auf die Anerkennung geschlechtsspezifischer Gewalt in den Asylanträgen lesbischer, bisexueller, trans* und intergeschlechtlicher Geflüchteter sowie auf die Bekämpfung von Gewalt gegen LSBTIQ*-Geflüchtete in Deutschland. Den Abschluss des Symposiums bildete eine partizipative Aufführung der Theatergruppe ice&fire.


15. Hirschfeld Lecture: Reproduktionstechnologien. Queere Perspektiven und reproduktive Gerechtigkeit

Zwei Vorträge befassten sich im Rahmen der 15. Hirschfeld Lecture am 22. Oktober 2020 mit dem Themenfeld Reproduktionstechnologien. Anthea Kyere und Gülden Ediger stellten den in Schwarzen US-Feminismen verankerten aktivistisch-theoretischen Ansatz „Reproduktive Gerechtigkeit“ vor. Damit verschoben sie den Fokus auf marginalisierte Gruppen. Außerdem las Ute Kalender verschiedene Perspektiven auf Reproduktionstechnologien zusammen: Queer-Feminismen, marxistische Feminismen und Crip-Feminismen.


Magdalena Müssig, wissenschaftliche Referentin für Gesellschaft, Teilhabe und Antidiskriminierung der BMH, eröffnete die Lecture via Onlinekonferenztool

Die Beiträge erscheinen als 15. Band der Hirschfeld Lectures voraussichtlich im Herbst 2021.


Fachgespräche: Auswirkungen der Corona-Pandemie auf LSBTIQ*

Nach dem Appell des Vorstands und des Fachbeirats der Stiftung zu den Auswirkungen der Coronapandemie auf die LSBTIQ*-Community arbeiten wir gemeinsam mit dem LSVD Bund, dem Bundesverband Trans* sowie Intersexuelle Menschen e.V. an einem Projekt, das die Auswirkungen der Pandemie auf LSBTIQ* weiter untersucht und Handlungsempfehlungen für Politik und Verwaltung gibt. In diesem Rahmen finden im November und Dezember fünf Fachgespräche sowie eine Befragung von LSBTIQ*-Organisationen und -Initiativen statt. Die Ergebnisse werden im Februar 2021 als Broschüre veröffentlicht und in einer Online-Konferenz vorgestellt.


Forschungsprojekt zu den rechtlichen Folgen einer Scheidung für Mütter in lesbischen Beziehungen und ihre Kinder

In den vergangenen drei Jahren recherchierte die renommierte Historikerin Dr. Kirsten Plötz die Auswirkungen des Ehe- und Scheidungsfolgenrechts für Mütter in lesbischen Beziehungen und ihre Kinder in Westdeutschland unter besonderer Berücksichtigung von Rheinland-Pfalz zwischen 1946 und 2000. Das Projekt wurde vom Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz beauftragt und vom Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (Prof. Dr. Michael Schwartz) und der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (Dr. Daniel Baranowski) geleitet. Die Ergebnisse werden bei einer Online-Veranstaltung am 14. Januar 2021 um 13 Uhr der Öffentlichkeit vorgestellt. Neben der Autorin und den beteiligten Institutionen werden auch Ministerin Anne Spiegel und die Landesbeauftragte für gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Geschlechtsidentität Dr. Christiane Rohleder sprechen.


Archiv der anderen Erinnerungen

Im zu Ende gehenden Jahr 2020 hat die Corona-Pandemie das Interviewprojekt der BMH, das Archiv der anderen Erinnerungen, besonders stark getroffen: Aufgrund der großen Vorsicht insbesondere gegenüber älteren Menschen konnten wir nur in einem kurzen Zeitraum Interviews durchführen. Die mehrmaligen Verschiebungen erforderten zudem von den Interviewten ein besonderes Maß an Geduld und Verständnis. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle sehr herzlich bedanken. Ein besonderer Dank gilt zudem noch einmal all jenen lesbischen* Frauen, die uns in den vergangenen Jahren ihre Lebensgeschichten erzählt haben.

Umso mehr freuen wir uns, dass wir für das Archivprojekt im kommenden Jahr 2021 eine institutionelle Förderung in Höhe von 100.000 Euro vom Bund bekommen werden. Damit ist die Finanzierung des Projektes für die nahe Zukunft gesichert.

Kennen Sie übrigens schon die statistische Auswertung des Archivs der anderen Erinnerungen auf unserer Website? Hier haben wir z.B. aufgeschlüsselt, aus welchen Geburtsjahrgängen die Interviewten stammen oder welche thematischen Schwerpunkte die Interviews haben.


Die relative Mehrheit (47%) aller Interviews hat eine Länge von zwei bis drei Stunden (25 Interviews von n=53). Weitere statistische Daten gibt es hier


Gedenken an lesbische* Häftlinge im KL Ravensbrück

Ein würdiges Zeichen der Erinnerung an die im KL Ravensbrück inhaftierten lesbischen Frauen zu errichten, das ist das Ziel eines gemeinsamen Antrags bei der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten.


Quelle: Initiative Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich

Diesen haben wir gemeinsam mit der Initiative „Autonome feministische Frauen und Lesben aus Deutschland und Österreich“, dem „Bündnis der Initiativen zur Unterstützung der Gedenkkugel für die verfolgten und ermordeten lesbischen Frauen und Mädchen im ehemaligen Frauenkonzentrationslager Ravensbrück und Uckermark“, dem LesbenRing e.V., RuT – Rad und Tat – Offene Initiative Lesbischer Frauen, dem LSVD Bundesverband und dem Fachverband Homosexualität und Geschichte eingereicht. Die Pressemitteilung dazu finden Sie hier.


LSBTIQ* in Bundeswehr und Nationaler Volksarmee sollen rehabilitiert und entschädigt werden

Das Bundeskabinett hat Ende November einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Aufhebung von Urteilen der Truppengerichte aufgrund einvernehmlicher homosexueller Handlungen vorsieht. Wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Identität diskriminierte Soldat_innen sollen rehabilitiert werden und eine symbolische Entschädigung erhalten. Der vom Bundesministerium der Verteidigung eingebrachte Gesetzentwurf muss noch vom Bundestag beschlossen werden. Die BMH begrüßte den Entwurf, befürwortete in einer gemeinsam mit QueerBW, der Bundesinteressenvertretung Schwuler Senioren und der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität verfassten Stellungnahme vereinzelte Änderungen und Erweiterungen. Mehr dazu bei Queer.de.

Unsere Neuerscheinungen

Publikation zum 150. Geburtstag von Magnus Hirschfeld

Der Sammelband „Liebe und Gerechtigkeit. Zum 150. Geburtstag von Magnus Hirschfeld“ ist Anfang Dezember im Wallstein-Verlag erschienen. Der Band enthält die Reden und Vorträge der beiden Festveranstaltungen, welche die BMH 2018 anlässlich des Jubiläums ausgerichtet hat, und versammelt neben vielen Fotos auch über 40 Community-Stimmen zur Bedeutung von Magnus Hirschfeld heute. Das von Dr. Daniel Baranowski im Auftrag der BMH herausgegebene Buch enthält auch einen Text von Hirschfelds Großnichte Ruth Gabrielle Cohen.


Cover mit Inhaltsverzeichnis


Broschüre „The L-Word in Business“ veröffentlicht

Die von der BMH geförderte Studie „Lesbische Frauen in der Arbeitswelt – The L-Word in Business“ der Frankfurt University of Applied Sciences hat die spezifische Situation berufstätiger lesbischer Frauen in Deutschland beleuchtet.

Die Ergebnisse der Studie wurden im November 2020 als Broschüre veröffentlicht. Die Broschüre gibt es als PDF-Download.


Cover mit Beispielseite
Neues aus der Bundesgeschäftsstelle

Manuela Meubauer ergänzt Verwaltungsteam

„Nach einem sehr freundlichen Empfang unterstütze ich seit Mitte Oktober 2020 das Team im Sekretariat und Verwaltung als Teilzeitkraft an drei Tagen pro Woche. Vor meiner kleinen Schaffenspause war ich knapp 17 Jahre Vollzeit in einer Hausverwaltung als Sachbearbeiterin angestellt und auch davor stets mit Büroarbeiten beschäftigt. Meine Freizeit widme ich überwiegend meinem 11 Monate alten Hund ‚Pino‘ und natürlich meinem Mann. Ich freue mich auf viele schöne Arbeitsjahre in der Stiftung.“


Stellenausschreibung

Wir suchen zum 1. Februar 2021 eine studentische Hilfskraft (10h/Woche) zur Unterstützung des Referates Gesellschaft, Teilhabe und Antidiskriminierung. Die studentische Hilfskraft unterstützt die wissenschaftliche Referentin in organisatorischen und inhaltlichen Angelegenheiten, insbesondere beim Projekt „Refugees and Queers“. Die Bewerbungsfrist ist der 3. Januar 2021. Zur Stellenausschreibung.

Empfehlungen

Dr. Katrin Köppert – „Queer Pain“

Im Neofelis Verlag erscheint Ende Dezember 2020 das von der BMH geförderte Buch „Queer Pain“ von Dr. Katrin Köppert. Auf der Website des Verlags heißt es: „Queer Pain nimmt die Fotografie Albrecht Beckers in den Blick und mit ihr das Verhältnis von Schmerz und Begehren im Kontext vernakulärer Kultur und Amateurfotografie. Die mediale und visuelle Kulturgeschichte von Schmerz wird im Rahmen schwuler Geschichtsschreibung seit Anfang des 20. Jahrhunderts am Beispiel der visuellen Selbstrepräsentationen und privaten Bildquellen Beckers als eine Geschichte der queeren Affizierung erzählt.“ Mehr zum Buch auf der Webseite des Verlags.


„Behaviour“ der Pet Shop Boys wird 30

Das Album „Behaviour“ der Pet Shop Boys aus dem Jahr 1990 setzt sich radikal mit HIV/Aids sowie mit den Themen Tod, Verlust, Freundschaft und dem Vergehen der Zeit auseinander. Das Stück „Being Boring“ eröffnet dieses „traurige, seltsame“ Album. Ein Stück, das „für eine ganze Generation von LSBTIQ ein bedeutsames und frühes Monument einer sinnlosen Tragödie wurde“, wie Fergal Kinney in seiner Besprechung „Time Would Come To an End“ ausführt. Die gesamte Besprechung finden Sie hier. Wir empfehlen die Lektüre der Besprechung und natürlich des Albums selbst.

Impressum

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