LSBTTIQ-Refugees welcome!
Chancen einer emanzipatorischen Bildungs- und Vernetzungsarbeit
Ein neues Bildungs- und Forschungsprojekt der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Die Verfolgung aufgrund von sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität ist in Deutschland seit 2005 ein anerkannter Asylgrund (EU-Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU). Auch unter den aktuell nach Deutschland kommenden Geflüchteten befinden sich Menschen marginalisierter sexueller Orientierungen oder geschlechtlicher Identitäten – kurz LSBTTIQ-Geflüchtete (Die Abkürzung LSBTTIQ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Personen). Viele LSBTTIQ-Geflüchtete kommen aus Ländern, in denen ihnen Gefängnisstrafen, Zwangsverheiratung, Folter oder sogar die Todesstrafe drohen. Sie kommen nun in eine Gesellschaft, in der sie diese Orientierungen oder Identitiäten – zumindest rechtlich gesehen – offen ausleben könnten. Dies scheitert jedoch häufig an verschiedenen Faktoren: So haben sie oft keine oder kaum Kenntnisse über bzw. Zugang zu LSBTTIQ-Einrichtungen in Deutschland oder sind hier ebenfalls mit spezifischen Formen von Diskriminierung konfrontiert.

Aktuelle Situation von LSBTTIQ-Geflüchteten
Wie die zahlreichen Berichte über die Situation an den Grenzen und in den Erstaufnahmestellen allgemein belegen, ist es derzeit eine Herausforderung, die Erfüllung von elementaren Menschenrechten für Geflüchtete allgemein zu gewährleisten, für LSBTTIQ gilt dies im Besonderen. So stellen sich hier nicht nur Fragen der Sicherheit (im Kontext von Übergriffen oder rechtspopulistischer und neonazistischer Propaganda und Hetze) und der kultursensiblen Kommunikation, sondern auch zum häufig diskriminierenden Verhalten von Professionellen und Dolmetscher_innen im Asylprozess und die Schwierigkeit, über die eigene Verfolgung aufgrund der geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung zu sprechen. Zudem häufen sich derzeit Berichte über Anfeindungen oder auch gewalttätige Übergriffe in den Erstaufnahmestellen und Sammelunterkünften durch das Wachpersonal aber auch durch die Mitbewohner_innen vor Ort. Dies macht einen besonders sensiblen Umgang mit dem Thema notwendig.

In der LSBTTIQ-Community entsteht derzeit einerseits ein zunehmendes Bewusstsein über Flucht und Migration und das Bedürfnis, sich hier politisch und unterstützend einzubringen. Andererseits werden mit der derzeit verstärkten Migrationsbewegung auch Sorgen um emanzipatorische Errungenschaften laut. Hierfür ist ein differenzierter und emanzipatorischer Diskurs notwendig, der potentielle Herausforderungen aber auch Chancen und Möglichkeiten an der Schnittstelle von emanzipatorischen Politiken zu LSBTTIQ und Flucht/Asyl/Migration in den Blick nimmt, ohne in verallgemeinernde Zuschreibungen abzugleiten.

Die BMH möchte eine breite gesellschaftliche Debatte anstoßen
Diesen Diskurs möchte die BMH mit ihrem Projekt „LSBTTIQ-Refugees welcome!“ fördern und plant für das Jahr 2016 ein Vernetzungstreffen von Bildungsprojekten, die an der Schnittstelle von Geflüchteten- und LSBTTIQ-Emanzipationspolitik angesiedelt sind.

Fachtag in Dresden
Außerdem wird im Rahmen der 3. Hirschfeld-Tage am 26. November 2016 der Fachtag „Vernetzung von Geflüchteten- und LSBTTIQ-Emanzipationspolitik – Chancen, Herausforderungen, Forschungsstand“ im Deutschen Hygiene Museum in Dresden stattfinden. Eines der Ziele des Fachtages ist es, den aktuellen Forschungsstand zu lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtliche sowie queeren Geflüchteten abzubilden. Zudem sollen Möglichkeiten der gegenseitigen Unterstützung von politischen und Bildungsinitiativen und Handlungshinweise an die Politik diskutiert werden.

Weitere Informationen und Anmeldung zum Fachtag

Projektleiterin
Porträtbild: Carolin Küppers Dr. Carolin Küppers

Wissenschaftliche Referentin
Referat Bildung und Antidiskriminierung

carolin.kueppers[at]mh-stiftung.de
030 / 208 987 65-4