„Der Teufel, vor Zeiten ein Engel des Herrn,
Im Himmel schon trieb er sein Unwesen gern,
Wollt’ nimmer gehorchen, verfolgte mit Spott,
Mit boshaftem Hohne den gütigen Gott, Der listige, tückische Teufel.“
Emma Trosse war weltweit die erste Frau, die eine Monographie über weibliche Homosexua-lität publiziert hat. 1895 erschien ihr Werk „Der Konträrsexualismus in Bezug auf Ehe und Frauenfrage“ beim Verlag Max Spohr in Leipzig, in dem Verlag, in dem ein paar Jahre später auch die Schriften des von Magnus Hirschfeld gegründeten Wissenschaftlich Humanitären Komitees erschienen. Im Jahr 1897 folgten ihre Schrift „Ein Weib? Psychologisch-biogra-phische Studie über eine Konträrsexuelle“, die, anonym veröffentlicht, noch im Jahr ihres Er-scheinens als „unzüchtige Schrift“ indiziert und verboten wurde, sowie die Broschüre „Ist freie Liebe Sittenlosigkeit?“. Sie war eine der wenigen Frauen ihrer Zeit, die sexualreforme-risch über Homosexualität forschte und publizierte und gegen deren Pathologisierung und Kriminalisierung eintrat, weil sie die „Konträrsexualität“ als angeboren und damit vollkommen „natürlich“ betrachtete. Theoretisch hing sie tendenziell der Idee einer angeborenen Ge-schlechterdifferenz und der „Mannweibtheorie“ an.
Über Emma Trosse ist relativinsgesamt wenig bekannt. Die Lehrertochter wurde 1863 in Gransee geboren und arbeitete nach ihrem Examen an einer höheren Töchterschule an ver-schiedenen Schulen als Lehrerin und leitete ein Mädchenpensionat. In den 1880ern und 1890er Jahren war sie möglicherweise eine der wenigen Frauen, die an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität Vorlesungen an der Philologischen Fakultät besuchte. Im Jahr 1900 heiratete sie den Arzt Georg Alexander Constantin Külz, im Jahr 1902 kam ihre Tochter Irm-gard zur Welt. Da sie nach ihrer Heirat wegen des damals geltenden Lehrerinnenzöli¬bats ihren Beruf aufgeben musste, arbeitete sie fortan im Familienbetrieb, einem Sanatorium mit Schwerpunkt auf der Behandlung von Diabetes, das sie und ihr Mann in Bad Neuenahr ge-gründet hatten. Nach dem Tod ihres Mannes führte sie das Sanatorium alleine weiter. Sie publizierte medizinische Schriften, mit denen sie sich auch international einen Namen machte. In der Eifel ist sie bis heute vor allem als Heimatdichterin in Erinnerung geblieben.
Autorin: Dr. Tatjana Eggeling/Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
Literatur (Auswahl)
Poppelreuter, Helmut: Eine Heimatdichterin des Ahrtals: Emma Trosse (1863-1949). In: Heimatjahrbuch 1987, Kreis Ahrweiler, S. 66-69.
Keilson-Lauritz, Marita / Pfäfflin, Friedemann: „Unzüchtig im Sinne des § 184 des Strafgesetzbuches“. Drei Urteilstexte und ein Einstellungsbeschluß. In: Forum Homose-xualität und Literatur, 34 (1999), S. 33-98.
Ginzler, Hildegard: Emma Trosse. Heimatdichterin. In: Wer woar dat? Auf den Spuren von Frauen aus dem Kreise Ahrweiler. Begleitheft zur Ausstellung 2004 im Museum der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Bad Neuenahr-Ahrweiler: Selbstverlag 2004.
Leidinger, Christiane: Literatur von und über Emma (Külz-)Trosse. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft 48, Berlin 2011, S. 18-21.
Leidinger, Christiane: Emma Trosse (1863-1949), verheiratete Külz. Die radikale Sexualre-formerin aus Bad Neuenahr-Ahrweiler. In: Heimatjahrbuch 2012, Kreis Ahrweiler. 69. Jahr-gang, hg. vom Landkreis Ahrweiler. Monschau: Weiss-Druck 2011, S. 194-199.
Leidinger, Christiane: Transgressionen – Streifzüge durch Leben und Werk von Emma (Külz-)Trosse (1863-1949). Erste Denkerin des Dritten Geschlechts der Homosexuellen und Sinnlichkeitslosen. In: invertito. Jahrbuch für die Geschichte der Homosexualitäten 14. Hamburg: Männerschwarm 2013 (im Erscheinen).