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Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld hat in der externen Projektförderung für die Förderjahre 2024 und 2025 einen neuen Förderschwerpunkt „Medien“ eingeführt. Der Titel des Schwerpunkts lautet:

Sichtbar / unsichtbar.
Repräsentationen und Nicht-Repräsentationen von LSBTIQ* in Medien

Dies bedeutet: Mindestens 50 Prozent der Gesamtfördersumme werden ausschließlich auf Projekte verwendet, die den Kriterien des Förderschwerpunkts entsprechen.

Textgrafik mit farbigem Hintergrund. Text: “Alle Infos zum neuen: Förderschwerpunkt Medien. #Projektförderung” Davon steht der Text “Förderschwerpunkt Medien” auf einer gefüllten Kreisfläche. Oben links: Logo der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld.Kriterien des Förderschwerpunkts

Mit Mitteln aus dem Förderschwerpunkt gefördert werden sollen z. B. Projekte, die:

  • sich aus historisch, gegenwärtig oder perspektivisch mit dem Thema des Forschungsschwerpunkts auseinandersetzen,
  • kommunikationswissenschaftliche Fragestellungen zum Schwerpunktthema bearbeiten,
  • Bildungsmaterialien und andere Medien für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene zur Förderung der Akzeptanz von LSBTIQ* entwickeln und / oder
  • sich mit intersektionalen Fragestellungen im Bereich LSBTIQ* und Medien befassen.

Wichtig ist, dass wir gemäß unserer Förderrichtlinien keine rein künstlerischen bzw. kulturellen Projekte fördern können. Ein Forschungs- oder Bildungsbezug ist notwendige Förderbedingung.

Ziel des Förderschwerpunkts

Die Einrichtung des Förderschwerpunkts dient dazu, Projekte in den Bereichen Forschung und Bildung anzuregen und zu fördern, die sich historisch, gegenwärtig sowie perspektivisch mit (Nicht-) Repräsentationen von LSBTIQ* in den Medien beschäftigen.

Medien spielen in der modernen Gesellschaft eine zentrale Rolle: Ob beim Lernen in der Schule, im Beruf, in der Alltagskultur, bei Freizeitbeschäftigungen oder in vielen weiteren Lebensbereichen: Unser Wissen und unsere Vorstellungen über die Welt erfahren und erarbeiten wir uns stets mit Hilfe unterschiedlicher Medien. Mediale Kommunikation prägt unser Leben.

In gleichem Maße prägen mediale Repräsentationen von LSBTIQ* die Vorstellungen jeder einzelnen Person in der Gesellschaft mit. Gleiches gilt für das Gegenteil: Sind bestimmte Gruppen medial nicht repräsentiert, hat auch diese erhebliche Auswirkungen.
Der Förderschwerpunkt ist damit Teil einer Kernaufgabe unserer Stiftung, „einer gesellschaftlichen Diskriminierung (…) entgegenzuwirken.“ (Satzung der BMH, §2, Abs. 1)

Der Begriff ‚Medien‘ soll im Sinne des Förderschwerpunkts bewusst weit verstanden werden: Zu fördernde Forschungs- und Bildungsprojekte können sich z.B. mit auditiven, visuellen oder audiovisuellen Medien befassen, die digital oder analog ausgestaltet sein mögen. Auch in technischer Hinsicht können Medien aus dem Print-, Rundfunk oder Onlinesektor ebenso im Fokus der Projekte stehen, wie Medien als Organisationen bzw. gesellschaftlich-funktionale Einheiten.

Um dies exemplarisch zu veranschaulichen, seien nachfolgend gesellschaftlich relevante Forschungsfragen genannt. Aus historischer Perspektive wäre es z.B. die Frage, welche Rolle lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intergeschlechtliche sowie queere Personen historisch betrachtet in Medien wie Malerei, Büchern, Radio oder auch linearem Fernsehen spielten? Mit Blick auf das Wirken und Arbeiten von Dr. Magnus Hirschfeld, wäre z.B. zu untersuchen, mit welchen Medien die erste deutsche Homosexuellenbewegung in Kaiserreich und Weimarer Republik arbeitete. Diese wichtige Frage lässt sich selbstverständlich zu allen queeren Bewegungen der Vergangenheit und Gegenwart stellen. Beispielsweise führte negative Berichterstattung von Mainstream-Medien über lesbische Liebe im Zuge eines Prozesses vor dem Landgericht Itzehoe 1974 mit zur Gründung der Frauenzeitschrift „emma“, und damit zu einer Selbstermächtigung von (lesbischen) Frauen. Die Auswirkungen dramatisierender und diffamierender Bilder und Texte in der sog. Aidskrise der 1980er und 1990er Jahre sind ebenfalls von nicht zu unterschätzender gesellschaftlicher Bedeutung. Nur wenige Beispiele, die zeigen, dass es sich um relevante sowie vielfältige historische und kommunikationswissenschaftliche Forschungsfelder handelt.

Gleichzeitig begrüßen wir explizit Projekte, die ihre Perspektive auch auf die Unsichtbaren bzw. das Unsagbare lenken: Wer ist medial nicht repräsentiert, wer wird warum totgeschwiegen? Welche Strategien können dahinterstehen und welche Auswirkungen haben diese Leerstellen, sprich die Abwesenheit bestimmter queerer Gruppen und Lebensweisen in den Medien? Dieser Forschungsschwerpunkt will bewusst anregen, auch in diese Bereiche Licht zu bringen.

Beim Blick in die Gegenwart wird deutlich, dass weitere offene Forschungsfragen einer wissenschaftlichen Bearbeitung bedürfen: Wie entwickeln sich queere, journalistische Medien in Deutschland nach Corona? Welche medialen Maßnahmen helfen, um mehr lesbische Sichtbarkeit zu erreichen? Wie werden die unterschiedlichen Gruppen und Communitys, die sich hinter dem Akronym LSBTIQ* versammeln, heute in unterschiedlichen Mediengattungen (nicht) repräsentiert? Welche Auswirkungen haben Stereotypisierungen und in welcher Weise, wird versucht, diese Bilder aufzubrechen? Welche strukturellen und ökonomischen Gründe bedingen Unterschiede in medialer (Un‑)Sichtbar- und (Un-)Sagbarkeit zwischen L, S, B, T, I und Q*? Welche Rolle spielen dabei Rassismus, Antisemitismus, Ableismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit – auch innerhalb der LSBTIQ*-Communitys (Stichwort: Intersektionalität bzw. Mehrfachdiskriminierung)?

Neben Forschungsprojekten soll der Förderschwerpunkt „Medien“ in den Bereichen Pädagogik, Bildung und Medienpraxis ebenso wertvolle Projekte anregen und fördern:
Mediale Repräsentationen von LSBTIQ* sowie Darstellungen ihrer Lebensweisen spielen in der Debatte um Bildungspläne für mehr Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt eine zentrale Rolle. Neben Bildungsmaterialien kommt z.B. der Kinder- und Jugendliteratur eine ebenso hohe Bedeutung bei der Vermittlung von Offenheit für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu. Zudem ist auch die Darstellung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im stetig wachsenden Markt neuer, digitaler Medien, wie z.B. auf Social Media von großer Relevanz. Nicht zuletzt hat die erfolgreiche Aktion #ActOut im Frühjahr 2021 die drängende Frage aufgeworfen, wie ein offener Umgang mit der eigenen sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität im Medienbetrieb möglich werden kann? Welche Veränderungen queere Rundfunk- und Fernsehrät_innen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk bewirken können, verdient ebenfalls Aufmerksamkeit.

Die hier aufgeführten Fragen aus den Bereichen Bildung und Forschung kann nicht abschließend sein, sondern will nur beispielhaft den Rahmen des Schwerpunkts illustrieren.

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