PRESSE-INFORMATION | Berlin, 08. November 2017

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld begrüßt die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Personenstandsrecht für intersexuelle Personen

Intersexuelle Personen können sich zukünftig auf das Grundgesetz berufen, um in offiziellen Dokumenten weder als männlich noch weiblich anerkannt zu werden. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld begrüßt die heutige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, das damit der Verfassungsbeschwerde einer intersexuellen Person stattgab. Jörg Litwinschuh, Geschäftsführender Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH): „Dieses Urteil ist historisch und eine Stärkung der Rechte und Sichtbarkeit intersexueller Menschen! Eine Änderung des Personenstandsgesetzes war aus unserer Sicht längst überfällig. Intersexuelle Menschen sind nicht krank und nicht behandlungsbedürftig: Das Urteil trägt weit über Deutschland hinaus zur Enttabuisierung, Sichtbarkeit und Akzeptanz intersexueller Menschen bei.“

Neuregelung soll bis Ende 2018 vorliegen

Das Bundesverfassungsgericht verweist in seiner Begründung auf das im Grundgesetz geschützte Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Darüber hinaus könnten sich intersexuelle Personen auf den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 3) berufen. Die bestehende Möglichkeit, den Geburtseintrag offen stehen zu lassen, sei keine ausreichende Alternative, da sie die Person nicht anerkenne, sondern wirke, als sei etwas ungeklärt oder vergessen worden. Der Gesetzgeber muss nun bis Ende 2018 eine Neuregelung schaffen, in die als drittes Geschlecht neben „männlich“ und „weiblich“ etwa „inter“, „divers“ oder eine andere „positive Bezeichnung des Geschlechts“ aufgenommen oder auf einen standesrechtlichen Geschlechtseintrag insgesamt verzichtet wird. Die Klage der intersexuellen Person war bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in sämtlichen Instanzen gescheitert.

Geschlechtseintrag konnte bislang nur gestrichen werden

Schätzungen zu Folge leben in Deutschland bis zu 100.000 intersexuelle Menschen. Die Körper intersexueller Menschen weisen Ähnlichkeiten mit beiden Geschlechtern auf, dem männlichen wie weiblichen. Das äußere Erscheinungsbild kann hinsichtlich der Keimdrüsen, der Hormonproduktion oder der Chromosomen nicht nur männlich oder weiblich erscheinen.

Zum Urteil des BVerfG: http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2017/10/rs20171010_1bvr201916.html

Weitere Informationen zu intersexuellen Menschen gibt es z.B. beim Bundesverband Intersexuelle Menschen e.V.: http://www.im-ev.de/

„Wissen schafft Akzeptanz“: Über die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld (BMH) ist nach Dr. Magnus Hirschfeld (1868-1935), Arzt, Sexualreformer und Mitbegründer der ersten deutschen Homosexuellenbewegung, benannt. Sie initiiert und fördert Projekte in Forschung, Bildung und Erinnerung und wirkt mit ihrer Arbeit einer gesellschaftlichen Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, trans- und intergeschlechtlichen sowie queeren Personen (Abkürzung: LSBTTIQ) in Deutschland entgegen.

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